Gastbeitrag: Abschöpfen der maximalen Zahlungsbereitschaft (Teil 3)

Gastbeitrag: Abschöpfen der maximalen Zahlungsbereitschaft (Teil 3)


Preisdifferenzierung: „Du sollst nie etwas verschenken, das Du auch verkaufen kannst“

In den letzten beiden Beiträgen unserer Blogreihe „Was kann der Onlinehandel vom stationären Handel lernen?“ haben wir das Thema Preisdifferenzierung erläutert und anhand verschiedener Beispiele illustriert. Gibt es nur einen Standardpreis, zahlen viele Kunden weniger als sie zu zahlen bereit wären. Erhöht der Händler jedoch den Preis für alle, generiert er weniger Absatz und weniger Gewinn. Die Lösung: Abschöpfen der maximalen Zahlungsbereitschaft durch Preisdifferenzierung.

Warum es sich lohnt das Thema so ausführlich zu behandeln? Viele Leute träumen von Produktdifferenzierung, die es streng genommen nicht gibt. Alle Produkte sind irgendwie austauschbar – warum sonst könnte Edeka alle Nestlé-Produkte wochenlang auslisten? Abgesehen von wenigen Ausnahmefällen gibt es irgendwo im Netz immer vergleichbare Produkte. Und dann geht es schlicht um harten Kostenwettbewerb, welchem man, wenigstens ein Stück weit, durch die Techniken der Preisdifferenzierung ausweichen kann.

Also machen wir weiter mit unseren Beispielen, die das Prinzip illustrieren und Ideen antriggern sollen:

Kundeninformationen Im Idealfall können wir für jeden Kunden ein exakt an seine Zahlungsbereitschaft angepasstes Angebot erstellen. Die Informationen zu dieser Zahlungsbereitschaft liegen u.U. schon aus früheren Käufen, dem Nutzerverhalten auf der Website bzw. im Shop (hält sich jemand z.B. sehr lange auf einer bestimmten Seite auf oder besucht er die Seite mehrfach?). Liegen diese Informationen nicht vor, oder möchte man einfachere Wege gehen, kann man Käufer z.B. nach sozio-demografischen Merkmalen, wie dem Alter oder Geschlecht segmentieren und so Rückschlüsse auf Zahlungsbereitschaften ziehen. So entstehen beispielsweise Ermäßigungen für Kinder oder Senioren. Man nimmt an, dass die Zahlungsbereitschaft bei Erwachsenen mittleren Alters höher ist als bei Jungen, Alten oder Familien. Weitere Ansätze wären außerdem das Vorschalten eines pfiffigen Fragebogens, die Erstellung von Extra-Seiten für Jugendliche oder das Ausspielen von Rabattcodes in Medien, die vorwiegend von einem Segment genutzt wird (z.B. das ADAC-Magazin). Auf diese Weise gelingt es dem Onlinehandel, Kunden ähnlich zu differenzieren, nämlich anhand äußerer Merkmale, wie der stationäre Handel: Kommt der Kunde im Blaumann rein, ist er vielleicht ein selbständiger Handwerker…
Cross-Selling/Bundling Die größte Marge liegt häufig nicht im Haupt- bzw. Erstprodukt, sondern wird mit einem Zweit- bzw. Zusatzprodukt gemacht. Verdienen die Kinos an den Eintrittskarten oder an Popcorn und Cola? Verdient die Reisebranche an der Reise oder der Reiserücktrittsversicherung? Der Vorteil des guten stationären Verkäufers ist die Interaktion, die zum Cross-Selling geradezu einlädt. Online lässt sich dieser Vorteil am besten durch in Echtzeit eingespielte Videos oder passende Anzeigen wie z.B. das Einspielen von Krawatten, sobald der Anzug im Warenkorb liegt, nachahmen.
Unvergleichbarkeit Bewusst erst ganz zum Schluss der Königsweg. Das unvergleichbare Produkt. Es soll nicht ganz verschwiegen werden, dass man sich dem normalen Wettbewerb entziehen kann, indem man ein (nahezu) unvergleichbares Produkt handelt. Das ist die Kategorie Louis Vuitton, Rolex oder limitierte Sneaker bestimmter Marken. Die Unvergleichbarkeit dieser Produkte liegt in der entsprechenden Marke, welche mit größter Feinarbeit und Strategie über Jahre kontinuierlich aufgebaut wurde. Für diese Produkte wird i.d.R. keine Preisdifferenzierung betrieben, da diese dem Markenimage sogar schaden könnte. Hier sprechen wir jedoch von „Lotto-Gewinnen“, denn an solche Produkte kommt ein normaler Händler nur schwer heran. Es wird kein Zufall sein, dass die großen Marken sehr restriktive Vertriebsstrategien verfolgen.

Für Onlinehändler lautet das Stichwort daher meist: ausgewählte Nischen besetzen, wie z.B. spezielle Lebensmittel, die man nur regional vertreibt. Normalerweise handelt es sich um hochmargige Produkte, die Kosten und Gewinnerwartungen auch bei kleinen Nachfragemengen decken. Diese Produkte geraten nicht so leicht in den Blick großer Spieler, die durch Größenvorteile Kosten und Preise in den Keller treiben. Auch in diesen Fällen sollte man Preisdifferenzierung betreiben – man tut es jedoch auf einem anderen Niveau.

Fazit: Preisdifferenzierung wird ziemlich unterschätzt, ist aber ganz oft der Schlüssel zum Erfolg.

In der Praxis werden Margen i.d.R. auf einen Einheitspreis wegkonkurriert, der für kleine Händler oft nicht auskömmlich ist. Simple Preiserhöhungen gehen zu Lasten der Absatzmenge – die Lösung heißt also Preisdifferenzierung. Diese Herausforderung ist beim stationärem Handel und Online-Handel exakt die Gleiche. In beiden Fällen muss der flow, die customer journey jeweils exakt passen, damit man keinen Kunden wegen zu hoher Preise laufen lässt, aber auch keinem Kunden weniger als seine Zahlungsbereitschaft berechnet.

Ein „Aber“ darf jedoch nicht unterschlagen werden. Die Komplexität einer Preis-Differenzierungsstrategie nach dem Motto „Jeder Kunde bekommt einen anderen Preis“, ist nicht zu unterschätzen. Das merkt man spätestens dann, wenn der Kunde zurückkommt, umtauschen will, reklamiert o.ä. und man nicht mehr weiß, welchen Preis man ihm tatsächlich berechnet hat. Daher ist es wichtig, alle internen Prozesse (insbesondere die IT) in die Preisstrategie einzubinden.

Weitere Praxistipps von Dr. Walz in Kürze auf dem Blog!

Mit den heutigen Handlungsempfehlungen schließen wir das Thema Preisdifferenzierung ab und widmen uns die nächsten Wochen anderen spannenden Themen.

Im nächsten Beitrag der Blogreihe „Was kann der Onlinehandel vom stationären Handel lernen?“ gibt Dr. Walz seine vielseitigen Erfahrungen, u.a. durch seine langjährige Position als Geschäftsführer Privatkundenvertrieb & Partnerunternehmen bei Vodafone Deutschland, erneut als Praxistipps an Sie weiter.

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